Das Märchen vom GrünGürtelPark um Nieder-Eschbach.
Es war einmal ein Koalitionsvertrag. Die Empörung über den von den Frankfurter Stadträten Mike Josef, Markus Frank und Rosemarie Heilig im stillen Kämmerchen ausgeheckten Plan, die Natur- und Ackerflächen im Westen Nieder-Eschbach angrenzend an die Züricher Straße und die Anna-Lindh-Allee mit einem Gewerbegebiet zu bebauen, hält an.
Am 20. September 2020 trafen sich nach ihrer spontanen Gründung anlässlich der Demo am 04.09.2020 auf den landwirtschaftlichen Flächenvor Nieder-Eschbach rund 32 Mitglieder der neu gegründeten Bürgerinitiative „Niedereschbachwehrtsich“ im Darmstädter Hof. Tatkräftige Organisatoren der Bürgerinitiative sind allen voran Diana Gelszinnis, Sina Batista-Sanchez sowie Tammo Bonke. Vielen Dank an Familie Carevic, die die Räumlichkeiten coronagerecht zur Verfügung stellte.
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde, die zeigte, dass jeder zahlreiche Gründe anführen kann, warum dieses angedachte Vorhaben keine Zukunft haben darf, wurden zunächst viele Ideen, Vorschläge und Argumente gesammelt:
Es wurde von den anwesenden Ortsbeiratsmitgliedern Tanja Raab-Rhein und Heike Stauder erläutert, der Ortsbeirat habe von dem Vorhaben erst aus der Zeitung erfahren.
Die Anwesenden äußerten unisono ihre große Enttäuschung darüber, auf welche unverschämte Weise sich amtierende Politiker wieder einmal über die Versprechen der vergangenen Politik hinwegsetzen möchten; frei nach dem Motto: „Was kümmert uns das Geschwätz von gestern?“
Der GrünGürtel war beschlossene Sache – bis das Gewerbegebiet auf die Agenda kam
Ein Teil der Flächen sind als Ausgleichsflächen für die geschaffenen Gewerbegebiete um Ikea, Hornbach und Frischezentrum bestimmt und mit Steuergeldern renaturiert worden. Es wurde seiner Zeit den Bürgern versprochen, diese und die angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen als Grüngürtel und als Frischluftzone für Nieder-Eschbach unberührt zu lassen. Dieses Versprechen wurde im Regionalen Flächennutzungsplan 2010 festgehalten. Dort wurden für die streitige Fläche Vorbehaltsgebiete für Klimaschutz und Wasserschutz und das Vorranggebiet Regionaler Grünzug eingeplant. Ferner sind die renaturierten Flächen als besonders ökologisch schützenswerte Flächen und die übrigen Flächen für die landwirtschaftliche Nutzung eingezeichnet. Klingt so toll, dass sich auch die derzeit noch regierenden Koalitionsparteien im Römer in ihrer Koalitionsvereinbarung diesenFestsetzungen verpflichtet fühlten und Folgendes vereinbarten:
„Der GrünGürtel, …, ist ein besonders Markenzeichen unserer Stadt. Er wird vor Bebauung geschützt und wo möglich, erweitert. Zum Beispiel in dem wir die Flächen des künftigen „GrünGürtelPark Nieder-Eschbach“ sukzessive dem GrünGürtel zuschlagen.“
Im Weiteren ist in der Koalitionsvereinbarung zu lesen, dass der GrünGürtel die Folgen des Klimawandels abmildern soll und dass gerade in den dicht bebauten Stadtteilen Erholungs- und nicht-kommerzielle Begegnungsräume geschaffen werden sollen.
Raum für Erholung und Begegnung schaffen
So betonten alle Anwesenden, das Gebiet sei für sie Naherholungsgebiet, indem man dort spazieren, abschalten, Gassi gehen, Sport treiben, frische Luft schnappen, auf die Bäume klettern, Drachen steigen lassen und vieles Mehr unternehmen könne. Das Gebiet hat sich zu einem Gebiet, das der Gesunderhaltung von Körper und Seele dient, entwickelt und ist für die Nieder-Eschbacher
unverzichtbar! Es waren sich alle einig, die Luft habe sich zunehmend verschlechtert. Früher habe man die frische Taunusluft gerochen. Nach der Errichtung der Gewerbegebiete in den vergangenen Jahren habe sich die Wahrnehmung deutlich geändert. Einhergehend mit dem Klimawandel erwärme sich Nieder-Eschbach zunehmend. Einzig auf diesen Flächen könne man wahrnehmen, wie dort zumindest ein frischer Wind entstehe und es merklich kühler als im Ortskern sei.
Keiner der Anwesenden mochte sich vorstellen, wie sich die klimatischen Verhältnisse noch zum Schlechteren wenden würden, wenn das Gebiet zum Gewerbegebiet mit allen zu erwartenden Folgen für Verkehr und Lärm umgewidmet und bebaut würde.
Herausgestellt wurde dabei auch, dass die bereits fertig geplanten Baugebiete „Am Eschbachtal – Harheimer Weg“, „Nieder-Eschbach Süd“, „Nordwestlich Auf der Steinernen Straße“ und „Nieder- Eschbach – Am Hollerbusch“ jede Menge Verkehr, Lärm und in der Bauphase auch Staubbelastung mit sich bringen werden. Die klimatischen Folgen sind insoweit noch nicht abzusehen, zumal die ersten Häuser der Bebauung Süd bereits erahnen lassen, dass sich die Stadt hier größere Baukörper als im Ortskern vorstellt. Die Stadt hat bis heute kein schlüssiges Verkehrskonzept vorgelegt.
Die Landwirtschaft als Schatz
Frau Landwirtin Claudia Seibold schilderte von ihren Bemühungen, auch andere Landwirte zu mobilisieren. Sie berichtete, es handele sich bei den Ackerflächen um äußerst wertvolle Böden (es sollen wohl Hessens beste Böden sein!), die zusammen mit den weiteren Äckern im Frankfurter Norden die Kornkammer Frankfurts seien. Auch wies sie darauf hin, sie und die weiteren Landwirte seien zum Erhalt ihrer Existenz auf Ackerflächen dringend angewiesen. Insoweit mutet es wenig sozial an, die Erwerbsinteressen der Landwirte den Interessen anderer Unternehmen, die unter Umständen in Frankfurt noch gar nicht ansässig sind, unterzuordnen. Das alles nur, weil Bauern keine Gewerbesteuer zahlen würden. Ferner habe der Lockdown in Europa mit seinem zeitlichen Zusammenbruch der Lieferketten doch sehr deutlich den Wert regional erzeugter Produkte gezeigt. Aus Sicht des Arten- und Naturschutzes verbiete sich die Bebauung ebenfalls. Seltene Tierarten hätten sich angesiedelt.
Im Nachgang wurde der Initiative noch zugetragen, mindestens ein großes Unternehmen zahle angeblich gar keine Gewerbesteuer. Dies stellt die Sinnhaftigkeit weiterer Betonflächen umso mehr in Frage!
Klargestellt wurde auch, es gehe den Nieder-Eschbachern nicht darum, nur „Nein“ zu schreien, sondern Nieder-Eschbach hat bereits für die Wohnbebauung und die Gewerbegebiete der 70er/80er Jahre und in den vergangenen Jahren viele Flächen hergeben müssen. Es könne nicht alles zubetoniert werden. In diesem Rahmen wurden alternative Möglichkeiten, wie die Stadt Einnahmen ohne neue Betonflächen generieren könne, diskutiert.
Gemeinsam für die Sache
Es herrscht unter den Mitgliedern auch Einigkeit darüber, die Nachbargemeinden Ober-Eschbach, Bonames und Nieder-Erlenbach mit ins Boot zu holen. Denn die klimatischen Auswirkungen dieses Vorhabens wären auf Nieder-Eschbach nicht begrenzt. Schließlich wären gerade die Nieder-Erlenbacher, die – aus welchen Gründen auch immer – bislang von der Bau- und Betonwut der Stadtregierung verschont geblieben seien, sicherlich die nächsten Kandidaten, die den Flächenhunger
der Stadt sättigen müssten. Schließlich wurde auch darauf hingewiesen, sämtliche Anwohner und Erwerber, die sich beim Kauf ihrer Immobilie über die Freiflächen informiert hätten, seien getäuscht worden und müssten nach Errichtung des Gewerbegebietes den Wertverlust ihrer Immobilie hinnehmen. Die Stadt werde sicher nicht für diesen Kollateralschaden aufkommen.
Die Chance nutzen und sich im Römer Gehör verschaffen
Mit den Gedanken des Treffens im Kopf machten sich rund 10 Nieder-Eschbacher einschließlich zweier Ortsbeiräte am 21. September 2020 auf den Weg in den Römer zum Planungsausschuss. Einige, unter anderem auch Mitglieder des Ortsbeirates, hielten jeweils ein engagiertes Plädoyer gegen eineBebauung, obwohl die Tagesordnungspunkte unseres Ortsbeirates zunächst zurückgestellt wurden. Das hindert uns aber nicht daran, zu den nächsten Sitzungen Ende Oktober wieder präsent zu sein. Wir haben einen langen Atem.
Leider wurden die Sorgen und Nöte der Eschbacher bislang nicht gehört. Der Frankfurter Magistrat hat das Gewerbeflächenentwicklungsprogramm und den GrünGürtel-Park Nieder-Eschbach-Rahmenplan zwischenzeitlich beschlossen. Die Pläne gehen nun zur Beratung und Diskussion in die Stadtverordnetenversammlung. Die Pläne sehen – wie bereits befürchtet - ein weiteres Gewerbegebiet nördlich der Züricher Straße auf den streitigen Flächen vor.
Von der Interessengemeinschaft zur Bürgerinitiative e.V.?
In der Diskussion ist die Gründung eines Vereins, der die Abwehr zukünftiger Bauvorhaben um Nieder-Eschbach herum zum Ziel hat.
Gesucht werden daher tatkräftige Unterstützer der Bürgerinitiative und eines zu gründenden Vereins. Alle Nieder-Eschbacher, die auch in Zukunft nicht in Gestank, Lärm und Verkehr ersticken wollen, sich des Naherholungsgebietes erfreuen wollen, sich über das landwirtschaftliche Gepräge des Frankfurter Nordens freuen und auch den Tieren ihren Lebensraum erhalten wollen, sind aufgerufen, sich den Plänen entgegenzustellen!
Die Nieder-Eschbacher Initiative „#Niedereschbachwehrtsich“ freut sich über jedes neue Mitglied! Jeder, von jung bis alt, alteingesessen oder zugezogen, kann zum Erhalt unserer Lebensqualität beitragen.
Text: Petra Kielmann, Diana Gelszinnis
E-Mail: niedereschbachwehrtsich@ gmail.com